Die Einigung mit den Heta-Gläubigern ist ein spektakuläres Novum am europäischen Bankenmarkt. Ein positiver Präzedenzfall, der Schule machen wird.
Der Heta-Deal ist unter Dach und Fach, eine überwiegende Mehrheit aller Gläubiger hat ihre Anleihen eingeliefert und im Gegenzug Anleihen des Kärntner Ausgleichszahlungsfonds erhalten. Insgesamt nahmen 98,71 Prozent aller Gläubiger teil, so dass man von einem breiten Konsens sprechen darf. Kärnten ist vor der Pleite gerettet, und die Verschuldung der Republik sinkt, da nun auch die Gläubiger ihren Beitrag geleistet haben. Im Nachgang lohnt es, die Details des Deals in Ruhe anzusehen.
In den emotional aufgeladenen und oft hitzig geführten Debatten zwischen Bund, Land und Gläubigervertretern zeigte sich, dass eigentlich alle Beteiligten dieses Kapitel beenden wollten, und daher setzte sich die nun gefundene vernünftige Lösung am Ende durch.
Was für den Laien einfach aussieht, ist in der Tat ein spektakuläres Novum am europäischen Bankenmarkt. Denn mittlerweile gilt europaweit eine neue Abwicklungsrichtlinie, die explizit vorsieht, dass nicht nur der Steuerzahler, sondern auch die Gläubiger zum Handkuss kommen. Unter dem sperrigen Namen „Bundesgesetz über die Sanierung und Abwicklung von Banken -BaSAG“ hat Österreich die europäische Richtlinie bereits Ende 2014 in nationales Recht überführt.
Ganz Europa blickt nun auf Österreich, denn mit der Heta wurde dieses neue Rahmenwerk erstmalig auf eine Bank von internationaler Bedeutung angewandt. Die österreichische Regulierungsbehörde hat den Präzedenzfall geschaffen, der heute bereits in Italien, Spanien und Portugal praktisch jedes Krisentreffen der jeweiligen Banken mit ihren Regulierungsbehörden bestimmt.
Die Regulierungsbehörde hatte zunächst einen Zahlungsstopp, ein sogenanntes Moratorium, und in weiterer Folge einen Schuldenschnitt verhängt und damit eine geordnete Bankabwicklung außerhalb einer Insolvenz eingeleitet. Doch damit waren die überbordenden Landeshaftungen immer noch nicht vom Tisch, da die EU-Richtlinie eben nur den Standardfall einer Bankenabwicklung regelt. Kärnten hatte aber Haftungen in einer Größenordnung übernommen, die aus eigener Kraft vom Land unmöglich bezahlt werden konnten.
Mit der Novelle des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes wurde ein Mechanismus nachgezogen, der bei europäischen Staatsanleihen bereits seit Jahren Standard ist. Diese sogenannten „Collective Action Clauses“ sehen vor, dass nicht volle Einstimmigkeit der Gläubiger notwendig ist, sondern dass eine Mehrheitsentscheidung für alle Gläubiger bindend wird. Somit kann eine an sich gute Lösung nicht mehr durch eine kleine querulante Minderheit aufgehalten oder verhindert werden.
Erfreulicherweise war eine Zwangsbeglückung kaum notwendig, da sich praktisch alle Gläubiger freiwillig zur Mehrheit bekannt haben. Der einzige öffentlich bekennende Hold-out ist eine deutsche Versicherung aus Hannover, die gegenüber der Presse erklärt hat, den Klagsweg beschreiten zu wollen. Wir verfolgen das weitere Geschehen aufmerksam und sind zuversichtlich, dass die Transaktion neben der überwältigenden Zustimmung der betroffenen Gläubiger auch die Zustimmung der Gerichte finden wird.
Diese Gesamtbereinigung konnte nur durch beherztes Handeln aller Beteiligten umgesetzt werden. Während in der Vergangenheit der chronische Kapitalmangel in kleinen Tranchen nach der Salami-Taktik adressiert wurde, hat der jetzige Finanzminister von Anfang an eine Gesamtlösung der Causa Heta verfolgt und auch unangenehme Schritte gesetzt, statt das Problem einmal mehr weiterzuschieben.
Erwartungsgemäß sind nach dem erfolgreichen Deal Kritiker aufgetaucht und geben wahlweise zu bedenken, dass die Reputation Österreichs beschädigt wäre, weil wir zu wenig bezahlt hätten, oder dass der Steuerzahler geschädigt wäre, weil wir zu viel bezahlt hätten. Beide Argumente überzeugen nicht. Die Republik Österreich hat sich noch nie günstiger refinanziert als heute, wird sogar über Negativzinsen für Darlehensaufnahme bezahlt.
Ebenso funktioniert ein konsensualer Deal nur mit Zustimmung aller Seiten. Nun haben die Gläubiger etwa zwei Milliarden Euro beigetragen, das Land Kärnten ist mit zusätzlichen 1,2 Milliarden Euro an seine Schmerzgrenze gegangen. Je nach Höhe der Verwertungserlöse der Heta stehen die Chancen für den Bund gut, die geleisteten Finanzierungen zur Gänze zurückzuerhalten.
Damit konnte ein fairer Interessenausgleich zwischen den Gläubigern, dem Land Kärnten und der Republik Österreich hergestellt werden, denn ein guter Kompromiss ist es dann, wenn zum Nutzen aller auch alle etwas beitragen.
Zur Person:
WILLI HEMETSBERGER hat mit seiner Beratungsfirma Ithuba Capital das Finanzministerium bei der Heta-Gläubiger-Lösung beraten. Der Investmentbanker hat auch mitgeholfen, die Spekulationsaffären bei den ÖBB und in Salzburg zu bereinigen.